Öffentliche Führung auf der Ausgrabung Insheim für Grundeigentümer und interessierte Bürger
Die wissenschaftliche Grabungsleiterin Dr. Andrea Zeeb-Lanz und der örtliche Grabungsleiter Dr. Sebastian Traunmüller laden alle Interessierten herzlich zu einer Führung über die Ausgrabung an der Offenbacher Straße ein. Termin der Führung ist Mittwoch, der 25. Juli, Treffpunkt ist um 18.30 Uhr das Grabungsbüro (Container an der Offenbacher Straße). Neben einer Besichtigung der laufenden Arbeiten werden auch erste bereits restaurierte Fundstücke aus den fränkischen Gräbern gezeigt. Grabungsleitung und mannschaft würden sich über zahlreiches Erscheinen freuen.
Andrea Zeeb-Lanz, Sebastian Traunmüller
Merowingerfriedhof Insheim Stand der archäologischen Untersuchungen nach sieben Wochen Grabungszeit
Bereits sieben Wochen arbeiten die Archäologen von der GDKE Speyer nun schon mit Hochdruck und Feuereifer an der Dokumentation und Bergung der in Insheim im Neubaugebiet Ober den Baumäckern entdeckten Merowingergräber. Der Minibagger ist ständig im Einsatz, erst, wenn es an die direkte Freilegung der Skelette und Grabbeigaben geht, kommt Handarbeit mit Schabern und Pinseln zum Tragen. Trotz maschinellen Abtrags in den Grabgruben konnten bereits zahlreiche interessante Details zum Grabbau festgestellt werden, wie etwa Särge, die mit Brettern unterlegt worden waren oder Spuren von Holzeinbauten (teils Särge, teils aber auch größere Grabkammern. Neben schmalen, langrechteckigen Grabgruben, die sicher nur jeweils einen Sarg enthielten, gab es auch größere Grabkammern mit genügend Platz, um auch neben dem Sarg noch Beigaben abzustellen. Viele der Gräber entpuppten sich als alt gestört, d.h., man hatte, wohl nicht sehr viele Jahre nach dem Begräbnis, das jeweilige Grab wieder geöffnet und Beigaben entnommen, die für die Lebenden noch von großer Bedeutung waren, wie etwa Waffen oder kostbarer Schmuck. Häufig ist zu beobachten, dass bei Männergräbern gezielt die Einstiegsschächte im Hüftbereich (wo bei dem Toten das Schwert gelagert war) befinden, bei Frauengräbern dagegen die Störung oft im Brustbereich zu finden ist dort, wo wertvolle Scheibenfibeln (Broschen) das Übergewand zusammen hielten. Wir müssen also davon ausgehen, dass die Identität der Toten den Grabräubern bekannt war. Vielleicht waren es sogar die eigenen Verwandten, welche die Beigaben wieder aus den Gräbern entfernten. Dieser auffällige Grabraub - wenn man ihn überhaupt als Raub bezeichnen kann - lässt sich in zahlreichen Gräberfeldern der fränkischen Zeit, auch Merowingerzeit genannt, dokumentieren. Neben diesen gestörten und oft vollständig von Beigaben entleerten Gräbern finden sich auch ungestörte Bestattungen, die dann interessanterweise häufig keine Beigaben aufweisen. Hier gab es also keinen Grund, das Grab zu öffnen, was, so scheint es, den überlebenden Verwandten offenbar auch bekannt war.
Trotz der vielen Zeugnisse antiker Entnahme von Grabbeigaben finden sich auch Bestattungen mit interessanten Funden, die Einblicke in Trachtsitten geben oder Gegenstände des täglichen Lebens repräsentieren. In mehreren Gräbern deren Grabgruben teils bis zu 2 m unter die heutige Oberfläche reichen fanden sich Reste von bronzenen Gürtelschnallen oder zungenförmigen Bronzeblechen, die einst als Anhängsel von längst vergangenen Leder- oder Textilgürteln herabhingen.
Dass die Damen (und vielleicht auch die Herren?) der Merowingerzeit sich sorgfältig um ihre Haarfrisuren kümmerten, zeigen die Funde fein gearbeiteter Knochenkämme mit beidseitigen Zinken. Das hier gezeigte Exemplar ist in der Mitte mit einem feinen Rautenmuster verziert. In einem gestörten Grab fand sich als Beigabe ein Rinderschädel, ein eher ungewöhnlicher Fund in einer fränkischen Grablege.
Die Menschen der Merowingerzeit waren nicht besonders groß, eher um ca. 10-15 cm kleiner als der heutige Durchschnitt. Der bereits im ersten Grabungsbericht erwähnte Riese von Insheim wies dagegen eine Größe von mehr als 1,80 m auf und fiel auch aufgrund seiner starken Knochen aus dem üblichen Bild der Insheimer Merowinger-Bevölkerung deutlich heraus.
Die Ausgrabungsarbeiten liegen dank des tatkräftigen und gut organisierten Einsatzes der Grabungsmannschaft bestens im Zeitplan. Von den in der Trasse liegenden Gräbern sind mittlerweile bereits bis auf drei in der nördlichen Trasse alle archäologisch untersucht und die Skelette und Funde geborgen. Die Kanalfirma hat bereits einen Großteil der Hausanschlüsse ebenfalls vom Oberboden befreit, da diese ja im Zuge der Kanaleinbringung auch auf Gräber untersucht werden müssen. Dabei kamen drei weitere Gräber, davon ein besonders großes Schachtgrab, zum Vorschein. Außerdem fand sich, ebenfalls in einer Hausanschlussfläche, ein kleinerer Kreisgraben mit einer Feuerstelle und einer Grube im umringten Bereich. Diese Befunde werden in den kommenden Wochen untersucht, während die Kanalbaufirma parallel dabei ist, die Anschlusstrasse zur Offenbacher Straße in der sich ein Großteil der bisher dokumentierten Gräber befunden hatte für die Kanaleinbringung vorbereitet. In bereits bewährter Weise laufen also Bau- und Grabungsarbeiten problemlos und mit guter Kommunikation Hand in Hand. Da die Straßenbaufirma Paul gerade einen planmäßigen zweiwöchigen Betriebsurlaub angetreten hat, besteht für das Grabungsteam nun ein guter Zeitpuffer, in dem sie die restlichen Gräber im nördlichen Trassenbereich untersuchen kann. Die Bauarbeiten werden also auch hier nahtlos weitergehen können. Insgesamt beträgt die tatsächliche Verzögerung der Bauarbeiten damit weiterhin lediglich 1,5 Tage (Zeitpunkt der Entdeckung der Gräber Anfang Mai). Sobald die Trassen archäologisch freigegeben sind, werden wir in den nördlichen Flurstücken 2200/5 bis 2200/9 mit den Ausgrabungen in den Baugrundstücken beginnen. Der Oberbodenabtrag in diesem nächsten Bereich wird parallel zur Ausgrabung der letzten Trassengräber erfolgen, damit unverzüglich dann mit den Grabungsarbeiten hier fortgefahren werden kann.
Speyer, 11.07.2012 Andrea Zeeb-Lanz